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06.04.2022

Hyperscaler made in Europe

National, souverän – oder irgendwas dazwischen? Ein Kommentar von Alexander Wallner, CEO der plusserver-Gruppe, zur Diskussion um IT-Infrastrukturen für die öffentliche Verwaltung.

Wenn Sie wie ich den Thementag “Sehnsuchtsort Cloud” des Behörden Spiegel und die daraus entstandene Debatte rund um “souveräne nationale Hyperscaler” verfolgt haben (nachzulesen bei heise.de), geht es Ihnen vielleicht ähnlich wie mir: Es drängt sich das Gefühl auf, dass hier einige Themen zusammenkamen, bei denen sich eine differenzierte Betrachtung lohnt.

Was hier im Grunde diskutiert wurde, ist unter anderem die Ausgestaltung der IT-Infrastruktur für die öffentliche Verwaltung. Genauer gesagt, der Aufbau von Cloud-Strukturen für Ministerien und Kommunen. Im Koalitionsvertrag der neuen Bundesregierung heißt es dazu im Absatz “Digitaler Staat und digitale Verwaltung”:

“Auf Basis einer Multi-Cloud Strategie und offener Schnittstellen sowie strenger Sicherheits- und Transparenzvorgaben bauen wir eine Cloud der öffentlichen Verwaltung auf.”

Daraus ergeben sich natürlich diverse Fragen, allen voran die nach der “richtigen” Umsetzung:

  • Woher soll die Cloudlösung kommen?
  • Wie lässt sich eine schnelle Bereitstellung gewährleisten?
  • Und wie wird sichergestellt, dass sich die öffentliche Verwaltung nicht in die Abhängigkeit eines einzelnen Anbieters begibt?

Dass vor allem letztere Frage durchaus Gewicht hat, verdeutlicht ein Blick in den Abschlussbericht einer PwC-Marktanalyse “zur Reduzierung von Abhängigkeiten von einzelnen Software-Anbietern” aus dem Jahr 2019, der im Auftrag des BMI erstellt wurde. Dieser legt eine hohe Abhängigkeit nahe und beleuchtet auch etwaige Folgen einer solchen Abhängigkeit. Im Wortlaut heißt es dort:

“...Anbieter scheinen ihre Angebotsmacht zu ihrem Vorteil zu nutzen und Anforderungen ihrer Kunden, z. B. das erhöhte Bedürfnis nach Informationssicherheit im öffentlichen Sektor, nicht bzw. nur unzureichend zu adressieren. Dies kann die digitale Souveränität der Verwaltung gefährden…”

Man sollte vermuten, dass Ankündigungen im Koalitionsvertrag und die offensichtlichen Gefahren bei der Abhängigkeit von proprietären Lösungen den Bestrebungen Aufschwung verleihen, die sich für eine offene Lösung sowie Interoperabilität einsetzen. Schließlich wäre es denkbar, unter Berücksichtigung mehrerer lokaler Anbieter eine offene Cloud mit Open-Source-Software zu etablieren. Stattdessen scheint sich eine Präferenz in Richtung der Lösungen von Microsoft zu formieren, die mit lokalen beziehungsweise regionalen Partnern umgesetzt werden soll.

Was weiterhin offen bleibt, ist die Frage nach verbindlichen und offenen Schnittstellen, um die Interoperabilität zu gewährleisten – einen Überblick der aktuellen Kritik liefert heise.de hier. Zusammenfassen ließe sich diese wie folgt (Fragen hinsichtlich der ungeklärten Auswirkungen des Privacy-Shield-Urteils einmal beiseite):

Ohne Interoperabilität wird die Abhängigkeit von einem Anbieter weiter zementiert.

Im Grunde sollten wir, beziehungsweise die geschätzten Kolleg:innen in den Ministerien, einmal kurz innehalten und sich folgende Fragen stellen:

1) Bieten uns aktuell präferierte Ansätze wirklich eine End-to-End-Souveränität?

Und damit meine ich nicht nur die technologische Komponente, sondern natürlich auch die Datenebene. Beides in Kombination ist unerlässlich für die Wirtschaft und unsere öffentliche Verwaltung. Und wenn wir ehrlich zu uns selbst sind, bekommen wir von den US-Hyperscalern vielleicht eines von beidem, aber niemals beides.

2) Wie wohl ist uns wirklich bei einer außereuropäischen Lösung?

Ich möchte hier die Vorteile der Hyperscaler-Lösungen keinesfalls kleinreden. Was den Funktionsumfang und die Performance angeht, ist das Angebot top! Was aber immer eine Rolle spielt, ist die “Risikofreudigkeit” der Nutzer:innen, beziehungsweise ihr “Level of Comfort”. Am Ende geht es immer um die Frage, wo welche Art von Daten am besten aufgehoben sind.

3) Sollten wir nicht versuchen, lokalen Mehrwert zu schaffen?

Nicht erst seit der Corona-Pandemie und der aktuellen Chipkrise ist vielen Entscheidern gedämmert, dass es vielleicht doch nicht immer die beste Idee ist, alle Dinge outzusourcen. Wir müssen auch darauf achten, dass der eigene Standort attraktiv bleibt. Als lokales Unternehmen investieren wir bei plusserver zu 100 Prozent in Deutschland und unterstützen damit nicht nur unsere Kunden durch exzellente Services, sondern auch die lokale Wirtschaft.

Ich bin der festen Überzeugung, dass wir zentrale Zukunftstechnologien nicht nur importieren sollten. Gerade im Cloud-Bereich dürfen wir uns nicht abhängig machen. Lokale und offene Lösungen zusammen mit entsprechenden Vorgaben hinsichtlich der Interoperabilität ermöglichen es uns, die öffentliche Verwaltung ebenso gut zu digitalisieren und von einem digitalen Staat zu profitieren.

 

Ihr Alexander Wallner

Über den Autor

Alexander Wallner war von Juli 2021 bis April 2024 Geschäftsführer der plusserver-Gruppe. Neben der Leitung der operativen Geschäftsstrategie ist er für das Go-to-Market der Produkte und Lösungen sowie für den Ausbau des starken Partner-Ökosystems der plusserver-Gruppe verantwortlich.

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